Über Geld spricht man nicht – könnte man meinen. Doch wer den Kauf eines Eigenheims ins Auge fasst, kommt nicht darum herum. Eine fachkundige Beratung und eine solide Finanzierung bilden die Basis für jeden geglückten Kauf einer Immobilie.
Der beliebteste Immobilientyp in der Schweiz ist das Einfamilienhaus. Wer im Eigenheim lebt, ist glücklicher als der, der zur Miete wohnt. Dies hat kürzlich eine Studie der Finanzplattform Moneypark ergeben. Mehr als 50 Prozent der Wohneigentümer gaben an, bereits in ihrem Lieblings-Immobilientyp zu leben. Bei den Mietern waren es nur 16 Prozent. Kein Wunder, dass immer mehr Schweizerinnen und Schweizer versuchen, ihren Traum wahr zu machen. Erst recht jetzt, wo tiefe Hypothekarzinsen locken. Das Preisniveau der Immbolien ist allerdings hoch, vor allem in der Nähe von Städten.
Auf jeden Fall sollte man nichts überstürzen. Der Kauf eines Eigenheims will wohlüberlegt sein, raten Experten. Denn tiefe Hypozinsen hin oder her: Wer ein Haus neu baut oder eines erwirbt, muss viel Geld in die Hand nehmen. Ein Hauskauf ist ein Kauf fürs Leben. Nun ist es aber nicht ganz einfach, sich im Finanzierungs-Dschungel zu orientieren. Zwar findet man heute auf jedem Immobilienportal Vergleichsrechner, und Hypotheken kann man auch online abschliessen. Als Käufer könnte man meinen, man sei nur einen Mausklick von der perfekten Finanzierung entfernt.
«Leuten, die zum ersten Mal ein Haus kaufen, würde ich einen Online-Abschluss nicht empfehlen», sagen übereinstimmend mehrere Fachleute aus der Branche. Um sich Vorinformationen zu holen, seien die Online-Portale aber sehr gut geeignet. Lukas Camenzind, Leiter des Geschäftsbereichs Privat- und Firmenkunden der Schwyzer Kantonalbank, macht die Erfahrung, dass vor allem Erstkäufer eine persönliche Beratung schätzen. Seine Bank führt ihre Kunden mithilfe eines eigens entwickelten Tablet-Tools durch die vielen Schritte bis zum Abschluss einer Finanzierung.
Zuerst wird die Vision skizziert, beispielsweise der Kauf eines Einfamilienhauses im Wert von 1,05 Mio. Franken. Die Grundregel für die Finanzierung lautet: Der Kunde muss mindestens 20 Prozent Eigenmittel bringen, höchstens 80 Prozent übernimmt die Bank. Je höher der Anteil der Eigenmittel ist, umso tiefer fällt die monatliche Belastung aus. Lohnt es sich also, sein Erspartes bis auf den letzten Groschen zu plündern? Nein, meint Camenzind. «Ich rate den Kunden, eine Wohlfühl-Reserve zu behalten. Wie hoch diese ist, ist individuell unterschiedlich und hängt davon ab, wie viel Geld insgesamt verfügbar ist.» Kommt dazu: Eine höhere Fremdfinanzierung führt zu mehr Steuererleichterung.
Nehmen wir als Beispiel also an, Herr und Frau X besitzen ein Kontoguthaben von 220 000 Franken und ein 3a-Vorsorgekonto mit 60 000 Franken, das sie für den Hauskauf nutzen können. Die Bank müsste sodann 770 000 Franken finanzieren, damit sich das Paar das 1,05-Millionen-Haus leisten kann. Mindestens zehn Prozent der Eigenmittel müssen «echt» sein. Sie dürfen nicht der Pensionskasse (2. Säule) entnommen werden, dürfen aber aus der freiwilligen Säule 3a oder von einem Sparkonto stammen. Die Belehnung mit 770 000 Franken beläuft sich in unserem Beispiel somit auf 73 Prozent. Die Bank wird den Wert des Hauses als Nächstes schätzen. Ist der Schätzwert höher als der Kaufpreis, muss der Käufer die Differenz mit zusätzlichen Eigenmitteln decken.
Nun
muss noch die finanzielle Tragbarkeit geklärt werden. «Dabei handelt es
sich um eine theoretische Rechnung», erklärt Camenzind. «Man berechnet,
wie viel Einkommen man haben muss, um das Haus beispielsweise auch bei
steigenden Zinsen halten zu können.» Diese Berechnung wird von Anbieter
zu Anbieter unterschiedlich gehandhabt. Das Resultat hängt unter anderem
davon ab, wie die künftige Zinsentwicklung vom Geldgeber eingeschätzt
wird.
In unserem Beispiel von Ehepaar X gehen wir von
kalkulatorischen Zinskosten von 5 Prozent aus, was 38 500 Franken
jährlich entsprechen würde. Die Amortisation wird mit 1 Prozent
berechnet (7700 Franken), die Nebenkosten mit 0,7 Prozent (7350
Franken). Das ergibt eine Belastung von rund 4400 Franken pro Monat.
Diese Zahl gibt Herr und Frau X einen ersten Anhaltspunkt, ob sie sich
ihr Traumhaus überhaupt leisten können. Die Belastung sollte nicht mehr
als ein Drittel ihres Monatseinkommens ausmachen.
Je nachdem, für welches Hypothekenmodell sie sich entscheiden, wird die monatliche Belastung von Herr und Frau X grösser oder kleiner ausfallen. Es gibt verschiedene Produkte – von der Fest- über die variable bis zur Libor-Hypothek – mit je unterschiedlichen Laufzeiten. Ein seriöser Anbieter wird mit dem Kunden die diversen Szenarien unter Berücksichtigung der möglichen Marktentwicklung durchrechnen.
Amortisation bedeutet, dass die Hypothek – der Kredit der Bank – abbezahlt wird. Dafür gibt es zwei Varianten: Bei der direkten Amortisation wird der gewährte Kredit durch regelmässige Zahlungen kleiner. Indirekte Amortisation bedeutet, dass das Geld zum Beispiel in eine 3a-Vorsorgelösung fliesst. Die Schuldlast bleibt dabei gleich, man kann aber Steuern sparen.
«Der Wunsch nach einem Eigenheim ist ungebrochen da. Es wird wegen der hohen Preise einfach immer schwieriger, ihn zu erfüllen», sagt Peter Bannwart. Er ist Experte bei der Hypothekenzentrum AG und dort verantwortlich für die Hypotheken des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes. Zu seinen Klienten zählt er auch junge Paare mit kleinen Kindern.
«In der Region Zürich, wo man für ein Einfamilienhaus sehr tief in die Tasche greifen muss, brauchen junge Familien in der Regel ‹Sponsoren›. So viel Geld kann niemand in jungen Jahren ansparen.» Mit «Sponsoren» sind zum Beispiel Eltern gemeint, die zinslose Darlehen gewähren oder zu Schenkungen bereit sind. In den kommenden Jahren sollte man dann jedoch versuchen, selber Geld auf die Seite zu legen, um allfällige Zinsanstiege abzufangen. Interessenten, die ein Hauserwerb finanziell ans äusserste Limit bringt, würde Bannwart von einem Kauf abraten: Wer über gar kein finanzielles Polster verfügt, muss bei einem Zinsanstieg vielleicht das Haus verkaufen und in eine günstigere Wohnung umziehen.
Ein wichtiger Punkt ist für alle Experten die Vorsorge. Lukas Camenzind sagt, das Thema sei auch bei den Bankkunden präsent. «Wir jonglieren mit grossen Zahlen. Da gehört die Vorsorge zur Beratung dazu.» Unterschieden wird hauptsächlich zwischen den Risiken Tod und Erwerbsunfähigkeit. Tritt eines davon ein, wird man als Hausbesitzer mit Schulden auf eine harte Probe gestellt, wenn man ungenügend versichert ist.
Auch Peter Bannwart plädiert dafür, die Vorsorge nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Bei Paaren müsse man in Bezug auf die Risiken Tod und Erwerbsunfähigkeit die individuelle Situation beider Partner unter die Lupe nehmen. Allerdings fügt Bannwart hinzu: «Man muss nicht immer alles versichern.» Er denkt an zwei Eheleute im Pensionsalter, die unter Umständen bereit sind, das Risiko eines Hausverkaufs bei einem Todesfall in Kauf zu nehmen. «Wichtig ist, dass man sich bewusst ist, was im schlimmsten Fall passieren kann.»
Text: Rebekka Haefeli
aus: Das Einfamilienhaus