Schweizer Bauratgeber für Bauherren und Hausbesitzer

Vielfalt im Garten erhalten

Bedrohte Vogelarten, aussterbende Insekten, abnehmende Pflanzenvielfalt – das gibt zu denken. Unter dem Schlagwort «Biodiversität erhalten» wird öffentlich und immer lauter darüber nachgedacht. Die gute Nachricht ist: Jeder Gartenbesitzer kann im Kleinen etwas zu einer lebendigen Vielfalt beitragen.

Ein Garten mit Vielfalt bietet entspannten Ausgleich zum hektischen Alltag.
Ein Garten mit Vielfalt bietet entspannten Ausgleich zum hektischen Alltag.

Die Schweiz weist von Natur aus eine riesige Vielfalt in Flora und Fauna auf: Die Topographie mit starken Höhenunterschieden ergibt grosse klimatische Unterschiede. Zudem liegt unser Land mitten auf dem Kontinent und bis Anfang des letztes Jahrhunderts wurde das Kulturland extensiv bewirtschaftet. Intensivierung und Egalisierung der Landschaftsnutzung gefährden die Biodiversität aber stetig.

Wie lässt sich das ändern? Jeder Gartenbesitzer kann im Kleinen etwas zur lebendigen Vielfalt beitragen. Wer Lebensräume für Igel, Käfer und Co schafft, die Artenvielfalt mit Wildblumen und Futterquellen fördert und die genetische Vielfalt von alten Sorten und lokalen Arten erhält, kann im kleinsten Garten seinen Beitrag leisten.

Lebensräume erhalten
«Vögel, Falter, Käfer, Feuersalamander und weitere Kleintiere brauchen geeignete Lebensräume» so lautet die Mission B (Biodiversität) für mehr Artenvielfalt. Daher sollten vorhandene Ressourcen wie eine trockene Böschung oder eine feuchte Mulde nicht korrigiert, sondern verstärkt werden. Also einen Teil der Böschung mit feingliedriger Trockenmauer oder Steinkörben so verbauen, dass Ritzen für Insekten, Wildbienen, Käfer und Amphibien entstehen. Und angrenzend trockenheitsliebende Gehölze oder sogar eine Magerwiese ansäen. Regenwasser kann hingegen in Retentionsmulden, die im unteren Bereich mit Lehm abgedichtet sind, aufgefangen und so auf einfachste Art ein kleines Feuchtgebiet geschaffen werden. Auf einem ebenen Grundstück schützt ein ungedüngter Magerrasen die Wunderwelt Boden, welche Milliarden von Bakterien, Pilzen, Milben und so weiter enthält. Wer im Randbereich zudem Holz- und Laubhaufen liegen lässt und im Vogelbad regelmässig das Wasser wechselt, schafft eine Gartenoase für sich und seine tierischen Mitbewohner.

Artenvielfalt – natürlich schön
Nur extreme Standorte wie Hochmoore, Strände oder Buchenhallenwälder sind fast ausschliesslich mit Monokulturen bewachsen. Von Natur aus besteht unsere Umwelt meist aus einer Vielzahl verschiedener Pflanzenarten. Diese Vielfalt wirkt natürlich schön und ist erst noch weniger krankheitsanfällig. Mit einheimischen und mehrjährigen Wildstauden ist zudem der Tisch für die Insektenwelt immer gedeckt. Es lohnt sich daher, im Garten auch besonders früh blühenden Arten wie Tierlibaum oder den Spätblüher Efeu zum Beispiel in der von Anfang an blühenden Altersform Arborescens zu pflanzen. Gehölze wie Pfaffenhütchen, Holunder, Hundsrose und Liguster haben einen hohen Gartenwert, da nicht nur die Blüte, sondern auch die Früchte und die Herbstfärbung sehr attraktiv sind.

Genpool erhalten
In der Schweiz gibt es acht Pflanzenarten, welche ausschliesslich bei uns gedeihen, und weitere dreissig Arten, die nur hier und im angrenzenden Ausland vorkommen. Aber nicht nur diese sind bedroht. Generell gefährdet der internationale Handel mit Einheitspflanzen wie zum Beispiel der Kaukasus Fetthenne unsere lokalen Arten, da sie sich invasiv ausbreiten. Es lohnt sich daher, zum Beispiel bei der Einsaat einer Wildblumenwiese eine Original Schweizer Mischung zu verwenden, am besten in lokaler Ausprägung und in einer genau auf den Standort angepassten Zusammensetzung: Sonnig und eher mager gedeihen Schlüsselblumen, Wiesensalbei und wildes Rüebli, eher feuchter und halbschattiger mögen es Sterndolde, Wiesenstorchenschnabel, Himmelsleiter oder nesselblättrige Glockenblume, welche alle für Wild-, Honigbienen und Schmetterlinge wertvoll sind. Alte Gemüse- und Obstsorten können über www.prospecierara.ch/de/sortenfinder verglichen und dann bestellt werden. Der Rückgang von Kulturarten konnte durch gezielte Verbreitung gestoppt werden. Ein vielfältiger Genpool ist wichtig, um auf künftige Veränderungen reagieren oder auch neuen Schädlingen ein Schnippchen schlagen zu können.

Ein Garten mit hoher Biodiversität ist nicht nur biologisch wichtig. Die lebendige Vielfalt ist abwechslungsreich, krankheitsresistenter, natürlicher und damit auch einfacher zu pflegen. Im eigenen Garten Schmetterlinge, Vögel und Amphibien zu beobachten ist schön und schafft einen entspannenden Ausgleich zum oft hektischen Arbeitsalltag.

Sabine Stauffer-Stiebellehner ist Landschaftsgärtnerin und -architektin HTL/BSLA.

Sabine Stauffer-Stiebellehner ist Landschaftsgärtnerin und -architektin HTL/BSLA. Die Landschaftsarchitektinnen von Grünplan beraten Bauherren und Behörden, projektieren und planen auf Mensch und Natur ausgerichtete Gärten und Grünräume in der Ostschweiz, Zürich und der Zentralschweiz.

Grünplan GmbH
8524 Uesslingen und 8952 Schlieren

Text: Sabine Stauffer-Stiebellehner
aus: Haus und Wohnen, Printausgabe

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