Schweizer Bauratgeber für Bauherren und Hausbesitzer

Heizung sanieren

Warm ums Herz

Die Heizungssanierung betrachten viele Hauseigentümer als Strafaufgabe. Das muss nicht sein: Mit etwas Vorbereitung gelingt ein gutes Projekt.

Bei Sanierungen ist der Platz oft sehr beschränkt. In der Mitte teilbare Wärmepumpen (im Bild die «Aerotop S 2-part» von Elco) können in zwei Teilen eingebracht und anschliessend montiert werden. Foto: Stefano Schröter
Bei Sanierungen ist der Platz oft sehr beschränkt. In der Mitte teilbare Wärmepumpen (im Bild die «Aerotop S 2-part» von Elco) können in zwei Teilen eingebracht und anschliessend montiert werden. Foto: Stefano Schröter

Viele Hauseigentümer behandeln ihre Heizung eher stiefmütterlich. «Die hält noch ein Jahr» oder «Nur ja nicht anfassen, so lange sie noch läuft» sind beliebte Strategien. Doch der Sanierungsdruck wächst. Ein Kanton nach dem anderen hat die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014) in sein Energiegesetz übernommen. Die Zeiten der flächendeckenden Öl- und Gasheizungen sind damit vorbei. Ab 2025 steht bereits die nächste MuKEn-Revision an. Erwartet werden nochmals verschärfte Vorgaben für die Erzeugung von Heizwärme, Warmwasser und allenfalls auch Strom. Neben diesen regulatorischen Vorgaben sorgt auch die Geopolitik für Handlungsdruck: Der Krieg in der Ukraine lässt die Preise für Öl und Gas, aber auch für Strom, in die Höhe schnellen. Die Energie ist nicht mehr billig – und wird es mittelfristig wohl auch nicht mehr werden.

Olivier Brenner, stv. Generalsekretär EnDK: «Acht von zehn Bauherrschaften entscheiden sich heute für ein Heizsystem mit 100 Prozent erneuerbaren Energieträgern».
Olivier Brenner, stv. Generalsekretär EnDK: «Acht von zehn Bauherrschaften entscheiden sich heute für ein Heizsystem mit 100 Prozent erneuerbaren Energieträgern».

Anspruchsvolle Aufgabe
Doch Sofortlösungen sind schwierig. «Der Heizungsersatz ist ein anspruchsvoller Prozess, der schon mal zwei oder gar drei Jahre dauern kann. Deshalb sollte man sich genügend Zeit nehmen» sagt Stefan Aeschi. Der diplomierte Architekt ETH/SIA ist Experte für Bau- und Energietechnik beim Hauseigentümerverband Schweiz. Wie er ausführt, spielen bei der Sanierung viele Faktoren eine wichtige Rolle. Das Gebäude und dessen baulicher Zustand, die Sanierungszyklen der verschiedenen Bauteile, die Bedürfnisse und finanziellen Möglichkeiten der Eigentümerschaft sowie viele weitere Faktoren müssen berücksichtigt werden, bevor die richtige Heizung gewählt werden kann. Zu bedenken sind insbesondere die folgenden Punkte:

  • Wie wird das Gebäude genutzt? Ist es eine selbst bewohnte Liegenschaft, die auch langfristig in der Familie bleiben soll? Oder handelt es sich um eine Renditeliegenschaft, die später allenfalls verkauft werden soll?
  • Welche finanziellen Folgen hat die Sanierung auf den Werterhalt respektive die Wertsteigerung der Liegenschaft? Wie hoch sind die Investitionskosten, aber auch die jährlichen Betriebskosten der verschiedenen Heizsysteme?
  • Wie gut schneiden mögliche Heizsysteme ab bezüglich CO2-Ausstoss, baulichem Aufwand und Eingriffen an anderen Gewerken (Wärmeverteilung, Böden, Kamin/Dach)?
  • Wie autark sind wir bezüglich Energielieferungen und -preisen? Können wir einen Teil der Energie selber produzieren, oder sind wir vollständig von Lieferanten abhängig?
  • Wie zukunftsfähig ist die Heizung – kann sie über die gesamte Lebensdauer betrieben werden, oder ist mit teuren Nachrüs-tungen zu rechnen, etwa aufgrund verschärfter Emissionswerte?
  • Wie sieht die Finanzierung aus – wie viel eigenes Kapital ist vorhanden, welche Förderbeiträge können bezogen werden, ist allenfalls eine «Energiehypothek» möglich? 

Hilfreiche Analyse
Diese Fragen sind nicht einfach zu beantworten. Stefan Aeschi rät deshalb, von den Erfahrungen anderer zu profitieren: «Im Gespräch mit Personen aus dem eigenen Umfeld, die bereits einen Heizungsersatz gemacht haben, erhält man wichtige Inputs.» Dies gilt insbesondere für die Wahl des Energieträgers:

Markus Schlageter, Leiter Marketing, Elco: «Mehr als drei Offerten für den Heizungsersatz einzuholen, ist nicht sinnvoll».
Markus Schlageter, Leiter Marketing, Elco: «Mehr als drei Offerten für den Heizungsersatz einzuholen, ist nicht sinnvoll».
  • Seit einigen Jahren ist die kostenlose Umweltwärme der meistgenutzte Energieträger bei Sanierungen. Bezogen wird sie aus der Luft (Luft-Wasser-Wärmepumpe), aus dem Grundwasser (Wasser-Wasser-Wärmepumpe) oder aus dem Erdreich (Sole-Wasser-Wärmepumpe).
  • Als nachwachsender und damit CO2-neutraler Energieträger kommt Holz in Frage. Kleinere Heizungen verwenden meist Pellets, grössere Holzschnitzel oder Stückholz.
  • Je nach Wohnort kann die Nah- oder Fernwärme genutzt werden. Ein zentrales Kraftwerk erzeugt Wärme (z. B. aus Holzschnitzeln, Seewasser, Geothermie oder der Verbrennung von Kehricht) und liefert diese an die angeschlossenen Haushalte.
  • Fast überall sind die fossilen Energieträger Öl und Gas verfügbar. Sie befinden sich wegen der beträchtlichen CO2-Emissionen, der immer schärferen Regulierung und der völlig unkalkulierbaren Preise aber klar im Niedergang.

Bei der Wahl des Energieträgers muss das kantonale Energiegesetz unbedingt berücksichtigt werden. Insbesondere beim Einbau einer fossilen Heizung müssen in fast allen Kantonen zehn Prozent der gesamten Heizenergie von einem erneuerbaren Energieträger stammen, etwa durch die Kombination einer Gasheizung mit einer Solarthermie-Anlage.

Wirkung in der Praxis
Diese «Zehn-Prozent-Vorschrift» hat eine erstaunliche Hebelwirkung entwickelt. Olivier Brenner, stellvertretender Generalsekretär der Energiedirektorenkonferenz (EnDK), hat die Situation in allen 26 Kantonen mit ihren unterschiedlichen Energiegesetzen im Blick. Fossile Wärmeerzeuger seien bei der Kombination mit einem erneuerbaren Energieträger grundsätzlich weiter erlaubt, sagt er. «Trotzdem entscheiden sich acht von zehn Bauherrschaften für ein Heizsystem mit 100 Prozent erneuerbaren Energieträgern. Das heisst, es werden viel mehr Wärmepumpen eingebaut als fossile Heizsysteme.» Unterstützt wird diese Entwicklung durch die kantonalen Förderprogramme. Mit diesen werde die Preisdifferenz zwischen den günstigen fossilen Heizungen und den teureren Wärmepumpen «praktisch weggefördert, vor allem, wenn man die Lebenszykluskosten der Heizung betrachtet», sagt Olivier Brenner. Die Kosten für den Umstieg werden also nicht vollständig auf die Eigentümerschaft abgewälzt, vielmehr beteiligt sich der Staat im Interesse aller an den Kosten.

Wenn die wichtigsten Rahmenbedingungen geklärt und der Energieträger gewählt ist, geht es um das Einholen von Offerten. Dies sei einfacher als die meisten Eigentümer denken, sagt Markus Schlageter, Leiter Marketing bei Elco: «Am besten fragt man Nachbarn und Bekannte am Wohnort, welche Installateure sie empfehlen. Wenn dies keine Option ist, geben auch wir als Hersteller sehr gerne einige Empfehlungen ab. Wichtig ist vor allem, dass man sich möglichst lokal orientiert. Denn falls die Heizung einmal eine Störung hat, nützt einem der billige Installateur mit drei Stunden Anfahrtsweg nicht sehr viel.» Mehr als drei Offerten solle man aber nicht einholen, rät Markus Schlageter: «Als Laie hat man sonst keine Chance, die Angebote zu vergleichen. Hingegen lohnt es sich, nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die offerierten Arbeiten zu achten.» Bei seriösen Offerten werde zum Beispiel auch das Entleeren, die Demontage und Entsorgung des alten Heizöltanks oder das Erstellen von Gräben und Mauerdurchbrüchen für Leitungen ausgewiesen.

Stefan Aeschi, Experte für Bau- und Energietechnik, HEV Schweiz: «Die billigste Lösung ist nicht immer die günstigste».
Stefan Aeschi, Experte für Bau- und Energietechnik, HEV Schweiz: «Die billigste Lösung ist nicht immer die günstigste».

Das ganze Gebäude im Blick
Stefan Aeschi vom HEV Schweiz rät, den Heizungsersatz unbedingt mit anderen Sanierungsarbeiten zu koordinieren: «Man sollte anstehende Arbeiten, die andere Bauteile betreffen, unbedingt auf dem Radar haben. Manchmal macht es Sinn, eine Sanierung vorzuziehen – etwa die Erneuerung des Bodenbelags oder Arbeiten am Dach. Manchmal ist es aber auch klüger zu warten. Wenn das Dach in drei Jahren saniert wird, muss ich jetzt noch keine Photovoltaik-Module für die Wärmepumpe installieren.» Der Blick auf das Gebäude als System lohne sich, und auch bei der Heizungssanierung sollte man nicht unnötig knausern, meint Aeschi: «Es lohnt sich, mit sich selber ehrlich zu sein und nichts schönzurechnen. Denn die billigste Offerte ist nicht immer die günstigste.»

Wer die Vorarbeit erledigt, die Offerten eingeholt und schliesslich den Zuschlag erteilt hat, darf sich nun zurücklehnen. Denn im Gegensatz zu einer Küchen- oder Badsanierung ist der Einbau einer neuen Heizung ein relativ kurzes Projekt mit einer bis zwei Wochen Bauzeit. Die meisten Installateure fungieren mittlerweile als Generalunternehmer, koordinieren also auch die Arbeiten von Maurer, Elektroinstallateur und Maler. Damit muss die Bauherrschaft nicht noch Polier oder Bauleiter spielen und kann sich auf eine gut organisierte Baustelle verlassen. Weil die meisten Firmen im Sommerhalbjahr mit Neubauprojekten ausgelastet sind, werden Sanierungen heute häufig im Herbst und Winter ausgeführt. Als Überbrückung wird dann eine mobile, mit Strom oder Pellets betriebene Heizung eingesetzt.

Fazit
Was sollten Eigentümer nicht vergessen, wenn es um die Hei-zungssanierung geht? «Die Stromproduktion mit einer eigenen Photovoltaik prüfen und die Wirtschaftlichkeit von einem Fachmann berechnen lassen», rät Stefan Aeschi vom HEV Schweiz, «denn mit einer eigenen Solaranlage kann nicht nur die Wärmepumpe oder der allgemeine Haushalt mit Strom versorgt werden, man kann auch ein Elektrofahrzeug damit laden.» Um später auch einen eigenen Batteriespeicher nutzen zu können, solle man idealerweise die Installation bereits dafür vorbereiten lassen, etwa durch das Einziehen von Leerrohren. Und Markus Schlageter von Elco empfiehlt, früh genug mit der Planung anzufangen: «Die Lieferzeiten für manche Wärmepumpen sind derzeit sehr lang, viele Installateure sind auf Monate hinweg ausgelastet. Feuerwehrübungen und Notlösungen beim Heizungsersatz werden damit sehr teuer. Je früher man sich mit dem Heizungsersatz auseinandersetzt, desto besser.» <

Hilfreiche Ressourcen
Der Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK respektive GEAK plus) zeigt Status und Optimierungsmassnahmen für die Gebäudehülle und das Heizsystem: www.geak.ch

Die Impulsberatung «erneuerbar heizen» zeigt Bauherrschaften, wie sie ihre Heizung von fossilen auf erneuerbare Energieträger umstellen können: www.erneuerbarheizen.ch

Welche Fördermittel kann ich für mein Projekt beantragen? Der «Energiefranken» weiss Rat und verlangt nur wenige Angaben:
www.energiefranken.ch

Text: Michael Staub, Foto: Stefano Schröter
aus: Häuser modernisieren, Heft Nr. 3/2022

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